Tafelrunde 12/07

Nachschau Tafelrunde 12/07

Zum letzten Stammtisch des Jahres hatte Slow Food Nürnberg die Vizepräsidentin der Bayer. Landestierärztekammer eingeladen. Frau Dr. Fuchs, eine überaus engagierte Tierärztin, klärte die anwesenden Slow Food-Mitglieder und Gäste über den Begriff der tierärztlichen Bestandsbetreuung auf und erläuterte das Pro und Contra. Eher Zufall war, dass wir uns gerade zu dieser Thematik - mit einer Ärztin als Referentin - im Gasthaus „Doktorshof“ trafen.
Zu Beginn des Vortrages gab uns Fr. Dr. Fuchs einen kurzen Überblick über ihren bisherigen beruflichen Werdegang. So war sie als Tierärztin für Groß- und Kleintiere tätig und ist jetzt Amtstierärztin im Staatsdienst. Der Tätigkeitsbereich ist weit gestreut von der Betriebsüberwachung der Tierhalter bis hin zur Lebensmittelüberwachung. Die Kontrolle der Einhaltung von Futtermittel-, Arzneimittel- und Hygienegesetzen gehört ebenso zum Aufgabengebiet, wie die Vermeidung von Tierseuchen, die aus dem Ausland übergreifen könnten. Als Beispiel sei hier die Bundeswehr genannt. Es muss darauf geachtet werden, dass durch die Auslandseinsätze keine Tierkrankheiten nach Deutschland eingeschleppt werden.
Nachdem es in Deutschland ca. 6 600 Tierärzte gibt (davon sind ca. 10 % im Staatsdienst), ist es eigentlich kein Wunder, dass alle diese Tätigkeiten nur als stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden können (siehe auch hier den Hinweis zum Gammelfleischskandal).
Dem eigentlichen Grundsatz – „verhüten, lindern und heilen“ – kann kaum mehr Rechnung getragen werden. Vor allem da die Industrialisierung der Landwirtschaft zunimmt und Klein- und Nebenerwerbsbauern immer mehr aussterben. Gerade die letztgenannten Betriebe sind es aber, die meist auf eine artgerechte Tierhaltung achten.
In Bayern gibt es 124.340 landwirtschaftliche Betriebe mit ca. 3,49 Millionen Rindern und ca. 3,73 Millionen Schweinen. Die Rinder erzeugen eine Überproduktion an Käse und Milch, somit kann Bayern diese Güter exportieren. Dagegen besteht bei Schweinefleisch und Produkten von Schafen, Ziegen und Geflügel Importbedarf.
Die Massentierhaltung erfordert natürlich eine tierärztliche Bestandsbetreuung, da ein eingeschleppter Virus in solchen Ställen gleich tausende von Tieren trifft und nicht wie früher nur einzelne Tiere, die gezielt behandelt werden können. Entsprechend groß ist natürlich der Einsatz von Arzneimitteln, die Geld kosten und deshalb leider manchmal auf eine zusätzliche, persönliche ärztliche Betreuung soweit wie möglich verzichtet wird.
Ebenfalls leidet die Umwelt darunter, da die arzneimittelverseuchte Gülle ins Grundwasser gelangt und somit weitere Schäden in der Natur anrichtet. Frau Dr. Fuchs sprach sich im Grunde gegen diese Tierhaltung aus, die mit künstlicher Besamung und ständiger Fruchtbarkeit der Natur entgegen wirkt und die Tiere zu reinen Produkten degradiert, welche möglichst schnell vermarktet werden müssen. Auf artgerechte Haltung, Geschmack und Qualität wird hier weitgehend verzichtet.
Unterstützt wird diese unnatürliche Tierhaltung noch durch Subventionen und Bestimmungen der EU, wie z.B. Standortbestimmunen von Schlachthöfen und übertriebenen (und damit für Kleinbetriebe kaum mehr finanzierbaren) Hygienevorschriften bei der Wurstherstellung und Fleischverarbeitung. Viel und billig ist die Devise, der Tierschutz und Artenschutz bleibt dabei oft auf der Strecke.
Trotzdem sind die Tierärzte durch ständige Weiterbildung gefordert, ihrer Aufgabe, zum Wohle der Tiere und zum Schutze des Menschen zu wirken, nachzukommen. Sie sind bemüht, gemeinsam mit den Landwirten Kontrollmaßnahmen durchzuführen, auf Hygienebestimmungen zu achten und zum Schutze des Verbrauchers den sinnvollen Einsatz von Medikamenten zu überwachen.
Nach dem sehr informativen Vortrag, der uns mit Fakten überhäufte, stellte sich Frau Dr. Fuchs noch unseren Fragen. Dabei erzählte sie uns auch, dass sie ihre Wurst und das Fleisch bei dem Metzger „ihres Vertrauens“ kauft, der die Tiere noch kennt, die er schlachtet, d.h. er weiß, von welchem Bauernhof die Tiere kommen. Dies entspricht dem Slow Food-Gedanken, der sich ebenfalls für eine artgerechte und gesunde Tierhaltung einsetzt. Frau Dr. Fuchs zeigte deshalb auch große Sympathien für unsere Vereinigung.
Obwohl der Vortrag sich mit dem Thema überwiegend kritisch auseinandersetzte, ließen sich die Teilnehmer dann anschließend das Schäufele schmecken (in der Hoffnung, dass dieses Fleisch nicht aus Massentierhaltung stammt).
P.R-H/ps
PS
Unser zweiter Versuch im „Doktorshof“ war etwas besser als bei unserer ersten Tafelrunde, die uns katastrophal in Erinnerung blieb (insbesondere die Unfreundlichkeit der „Chefin“ war wieder evident). Manche Gerichte hatten „Fast Food“ Niveau: z. B. waren die Karpfen wie ein Schnitzel paniert und die Bratwürste entsprachen keinesfalls den fränkischen Durchschnittsansprüchen. Schade, denn sie konnten es früher besser. ( gt)

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