Tafelrunde 10/10
Ein Bratwurstspaziergang durch Nürnberg
Diesmal wurde der Stammtisch am 5.10.2010 zu einem Spaziergang umfunktioniert, bei dem sich alles um die Bratwurst drehte. Dr. Frommer, der uns allen bekannte oberste „Hüter der Bratwurst“ erzählte uns in seiner humorvollen und kurzweiligen Art so einiges vom Leben im Mittelalter in Nürnberg. Vorab sei jedoch kurz angemerkt, dass die Nürnberger Bratwurst eine Erfindung der Neuzeit ist. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wird sie urkundlich in der jetzigen Form und Größe erwähnt. Ihre Vorfahren jedoch, die gab es bereits schon viele Jahrhunderte früher.
Der Spaziergang begann am Sebalder Platz, dort sieht man noch den Grundriss der Jakobskapelle, die hier bis zum 2. Weltkrieg stand. Angegliedert an diese Kapelle war ein kleines, einfaches Gasthaus, eine sogenannte Garküche, mit den Namen Bratwurstglöckle. Bis 1510 war der heutige Platz der Friedhof der Stadt. Damals waren Friedhöfe kein Ort der Ruhe, sondern ein Treffpunkt der Stadtbewohner und der Gläubigen, die zum Grab des Heiligen Sebald in der Sebalduskirche pilgerten. So kam es, dass man an die Kapelle eine Garküche anbaute. Der „Fast-Food Stand“ der damaligen Zeit, bei dem man sich schnell mit Speis und Trank versorgen konnten. War das Essen fertig, so läutete die Glocke der Kapelle. Auf diese Weise entstand auch der Name der Garküche, die bis zum 2. Weltkrieg die berühmteste Gaststätte Deutschlands war.
„Brätwürste“ wurden bereits 1302 urkundlich erwähnt. Wie uns Herr Dr. Frommer erklärte, herrschte in Nürnberg eine strenge Kontrolle der Fleischprodukte. So durfte in diese „Brätwürste“ nur gehacktes Fleisch, also Brät. Zur Konservierung wurden sie meistens geräuchert. Wurden sie frisch angebraten, nannte man sie „Rostbrätwürste“. Daraus hat sich der moderne Name der Rostbratwurst entwickelt.
Weiter ging unsere Tour in die Winklerstraße, dem mittelalterlichen Kneipenviertel. Hier gab es Garküchen und Gaststätten verschiedener Kategorien. Je nach Kategorie durften Wein und/oder Bier ausgeschenkt, bzw. Schweine- und/oder Rindfleischgerichte angeboten werden.
Nächster Halt war der Trödelmarkt, der früher Säumarkt hieß. Nürnberg, das in seiner Glanzzeit bis zu 60 000 Einwohner hatte, litt stets unter Fleischmangel, daher war die Ausfuhr von Schweinen streng verboten. Um die Stadt wurden große Schweineställe errichtet, z.B. in der heutigen Rosenau. Auf dem Säumarkt wurden die Schweine verkauft, um dann gleich anschließend bei den Fleischbänken dem Metzger zum Opfer zu fallen. Bis vor 150 Jahren war hier der Schlachthof der Stadt direkt am Fluss, der zur Entsorgung der Schlachtabfälle diente.
Über den Unschlittplatz ging die Führung zum Ehekarusell. Hans Sachs, der bekannte Dichter, hat die Bratwurst auch in seinen Reimen verewigt. Das zeigt uns, wie hoch dieses Produkt geschätzt wurde. Neben dem weißen Turm gab es eine weitere städtische Garküche für Reisende und das einfache Volk. Die Garküchen durften selbst schlachten und das Fleisch zu Bratwürsten verarbeiten. Heute ist dies nicht mehr möglich. Die noch bestehenden Bratwurstküchen beziehen die Bratwürste entweder fertig von der Fleischfabrik oder verarbeiten das Fleisch selbst zu Bratwürsten. Dies ist im „Bratwurstherzle“ der Fall. Die Gaststätte ist eine seit 1526 bestehende Bratwurstküche. Von der hervorragenden Qualität der über Buchenholz gegrillten Bratwürste konnten wir uns nach dem Rundgang bei einer Verkostung selbst überzeugen und der Inhaber Herr Uebler gab noch ein paar interessante Geschichten zum Besten. Der Abend klang natürlich mit einem Bratwurstessen aus, bei dem alle sich die kleinen Köstlichkeiten schmecken ließen.
Ein amüsanter, interessanter und „bewegender“ Abend ging fröhlich zu Ende.
Petra Roggentin-Haag