Wilde Zeiten (10/07)
Je später das Jahr....
desto wilder die Veranstaltungen!
„W“ wie Wild aber auch wie Wald, Wein und Wohlfühlen, das sind die vier Worte, welche mir spontan zu unserer Veranstaltung am 20.10.2007 einfallen. Unter dem Motto „Wilde Zeiten auf dem Schweigelberg“, durften wir einen weiteren Höhepunkt unseres Slow Food Jahres erleben.
Das Forsthaus Schweigelberg, wildromantisch auf einer Lichtung inmitten eines an diesem Tag sonnendurchflutenden Herbstwaldes gelegen, war der ideale Platz, um sich mit dem Thema Jagd und Waldwirtschaft zu beschäftigen und anschließend ein fantastisches 7-Gang-Menü unseres Mitgliedes Marga Linhardt (und ihrem Paul) zu genießen. Begleitet wurden die einzelnen Gänge mit ausgesuchten Weinen von Günter Scholz (Fiasco Classico). Zur Begrüßung hatte Marga extra kleine Schnecken aus Brioche-Teig gebacken und Günter Scholz reichte dazu einen süffigen, trockenen Lambrusco (der so gar nichts mit den üblicherweise in Deutschland bekannten pappsüßen Brausen zu tun hatte).
Den Auftakt des Nachmittags gestalteten Paul Linhard und Wachtelhund „Tosca“. Bei einem Reviergang mit den beiden erfuhren wir allerlei Wissenswertes zum Thema Jagd und Forstwirtschaft. Mit der einen oder anderen humorigen Geschichte würzte Paul Linhard die Informationen und beantwortetet uns so manche Frage.
Wir betrachteten verschiedene Bäume, beschäftigten uns mit ausgelegten Geweihen und Hörnern und lernten, dass die Sprache der Jäger manchmal eine (geschichtlich bedingte) vornehm, gestelzte Ausdrucksweise hat. Da wird zum Beispiel ein Tier nicht nur banal erschossen, sondern es wird ihm „die Kugel angetragen“, danach „schweißt es“, später wird es „aufgebrochen“, dann „aus der Decke geschlagen“ und „zerwirkt“.
Spannend wurde es, als unser Convivienleiter Gerhard Tremel interessiert zum dreiläufigen Jagdgewehr unseres Jägers griff und dies – natürlich - nicht geladen war. (Wie ich Gerhard kenne, hätte er sonst den anwesenden Nichtmitgliedern gleich die Unterschrift unter den Slow Food Aufnahmeantrag „angetragen“...)
Nach beinahe drei Stunden im Freien waren wir angesichts der kühlen Temperaturen aber dann doch froh, in das kachelofen-geheizte Forsthaus zu gehen. Dort erwarteten uns liebevoll und schön gedeckte Tische – der herrliche Herbstwald fand auch in der Tischdekoration seine Fortsetzung.
Ich verzichte darauf, detailliert über das nun folgende Menü zu schreiben und lasse dieses einfach nur für sich sprechen (seien Sie versichert: Es war fantastisch und unsere Linhards haben unglaublich viel Engagement und Mühen reingesteckt). Mit den von Günter Scholz dazu kredenzten und erläuterten Weine fanden sich die adäquaten Begleiter der Speisen.
Das Menü:
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Wilder Schinkengruß aus der Küche mit Wacholderbutter
von der Haus-Sau, der wilden Sau und vom Hirsch
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Entenleber-Terrine mit Salatbouquet, Weingelee und Chilifäden
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Fasanenbrüstchen auf Sauerkraut mit Weintrauben und einer Nicola (Kartoffelsorte)
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Wildschwein-Espresso (hätte sicher 3 *** im Michelin verdient!)
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Hirschrücken mit Wacholder-Morchelrahmsauce, Pastinaken-Püree und Quittenspalten
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Ziegenfrischkäse mit Kardamon u. Tasmanischem Pfeffer glaciert mit Tannenspitzenhonig-Caramel
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Apfel-Ofenschlupfer vom Roten Boscop, Lebkuchen-Eis, Glühwein und Süßholzwurzel(Lakritz)-Schnecke
anschließend gab es dann noch üppigst gefüllte Teller mit selbst gemachten kleinen Naschereien (u.a. Mini-Gugelhupf uvm.)
Die adäquaten Weine dazu:
„Il Campone“ Lambrusco Rosso Reggiano DOC, Lombardini
„A Mano“ Fiano-Greco Bianco Puglia IGT 2006, Fusione
„Antillo“ Bolgheri Rosso DOC 2004, Podere Guado al Melo
„Monterè“ Valpolicella Ripasso DOC 2005, E. Tinazzi & Figli
Montepulciano d'Abruzzzo DOC 2005 – Vino cotto e saporito
Cantina Tollo
Und als Zugabe eine echte Rarität:
„Jassarte“ Rosso Toscana IGT 2004, Podere Guado al Melo – Michele Scienza (Toscana e Caucasia)
(besteht aus über dreißig, zum Teil vom Aussterben bedrohten Rebsorten; zehn davon aus dem Kaukasus).
Zur abschließenden Überraschung hat sich Marga dann noch etwas besonderes einfallen lassen: Sie überreichte den anwesenden Slow Food Mitgliedern den „Freß-Schnecken-Orden“. Es handelte sich dabei um versteinerte „Freßschnecken“ (die heißen tatsächlich so) der Oligozän-Zeit vor 20 Mio. Jahren und stammen aus der Gegend um den Neusiedler See. Unsere Oberschnecke Gerhard Tremel erhielt natürlich ein besonders großes Exemplar und von den anwesenden Paaren immer der „verfressenste“ Partner.
Der Schreiber dieser Zeilen durfte sich mit einem T-Shirt „Wilde Zeiten“ (Motiv :“röhrender Hirsch“) schmücken. Vielen Dank für diese nette Geste, ich/wir habe/n mich/uns sehr darüber gefreut.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen der aufmerksame und herzliche Service von „Herta“ und die fleißige Helferin im Hintergrund, Frau Redel. Ein tolles Team, das viele Mühen auf sich genommen hat, um für uns so einen gelungenen Tag und Abend zu gestalten. Slow Food kann so schön sein!
peter schubert