Schinkenmuseum Apen: Ein Bissen - eine Stunde Geschmack

Ein Bissen - eine Stunde Geschmack

oldenburg-bbs_schinken.jpgBescheiden ist er. „Der wahre Schinkenhersteller ist nicht der Räuchermeister, sondern das Schwein“, sagt Arnd Müller, in neunter Generation Fleischer und Inhaber des Schinkenmuseums im kleinen Ammerländer Städtchen Apen.
Aber er strahlt. „Welch ein September! Ich kann es kaum glauben, zuerst mit Slow Food Oldenburg auf dem Highlight-Wochenende im Park der Gärten in Rostrup. Ein prima Publikum.“ Er war ausverkauft. „Und dann im Museumsdorf Cloppenburg beim Genuss im Nordwesten dabei. Ein tolles Publikum, nette Anbieter, ein wunderschönes Ambiente!“ Er war wieder ausverkauft, diesmal schon mittags.
Ich frage mich, welche Gedanken wohl durch seinen Kopf gingen, denn er hätte noch fünf Stunden verkaufen können, während er nur kleine Kostproben anbieten konnte. „Och, ich habe mit den Gästen über meinen Schinken geredet und einige kamen auch schon einige Tage später ins Museum und haben da den Schinken gekauft“, war die lapidare Antwort.
Aber die fünf Stunden, während er Kostproben in „homöopathischen Dosen, aber voller Geschmack“ verteilte, haben sich letztendlich doch gelohnt. Er gewann den von Slow Food im Nordwesten ausgelobten Preis „Leckerbissen des Jahres 2005“. Gewählt haben ihn die Besucher des Marktes. Mit 129 Stimmen von insgesamt 1158 lag sein geräucherter Ammerländer Schinken vom Bunten Bentheimer Schwein in der Besuchergunst ganz vorne.

oldenburg-apen1.jpg„Dieses Ereignis bedeutet mir auch daher besonders viel, weil sich jetzt in 2005 die Goldmedaille, die mein Uropa im Jahre 1905 in Berlin erlangte, ihr Hundertjähriges feiert. Es ist einfach toll, sich in der Kontinuität einer Familienidee zu bewegen.“
Das Geheimnis dieses Erfolges ist handwerkliches Können, gute Ausgangsprodukte und viel, sehr viel Geduld.
Ein gutes Schwein liefert den Schinken. Und Slow Food Oldenburg ist ein bisschen Stolz darauf, dass es den Kontakt zum Arche-Hof Thoelen mit seinen Bunten Bentheimer Schweinen vermittelt hat. „Diese Schweine haben zu Lebzeiten genügend Zeit, Geschmacksrelevantes einzulagern. Und Speck, der bei richtiger Behandlung unter dem Gaumen dahinschmelzen kann“, berichtet Arnd Müller begeistert. So will er seine ganze Schinkenproduktion auf diese letzte lebende niedersächsische Schweinerasse, die mittlerweile in die „Arche des Geschmacks“ von Slow Food aufgenommen wurde, umstellen und fordert andere Schinkenräucherein auf, mit ihm diese regionale Schweinerasse zu bewahren.
Über einen Monat werden die Schinken per Hand mit Salz aus der Saline Luisenhall in Göttingen trocken gesalzen, ein Vorgang, der viel Aufmerksamkeit und Geschick erfordert. „Ich habe Lehrgeld bezahlt“, erzählt er und erklärt, dass es nicht egal ist, wie die Schinken dabei in der Wanne lagern. Außer Salz, so verdeutlicht er, kommen an seine Schinken keinerlei Aromen, sei es Gewürze oder Kräuter. Wenn das Fleisch nichts taugt, helfen auch keine anderen Hilfsmittel, so hat er es von seinem Vater gelernt.

oldenburg-medaille_apen.jpgEinen Monat dürfen die Schinken unter Aufsicht ruhen, bevor sie für drei Monate in den Buchenrauch kommen. Anschließend hängen sie dann zum Reifen auf den alten Dachböden. „Die Burschen lassen sich aber nicht einfach hängen, die tun was“, scherzt Arnd Müller. Sie reifen und verlieren dabei rund 45 Prozent ihres Gewichts. Fast erstaunlich, welche große Rolle dabei das Klima spielt, aber trockenes oder feuchtes Wetter bestimmen den Reifeprozess.
„Die Schinken, die ich beim Genuss im Nordwesten anbieten konnte, waren eigentlich Teenager“, meint er, „sie waren gut zwölf Monate alt. Eine glückliche Fügung, dass sie schon reif waren. Denn manche Schinken können gut zweieinhalb Jahre auf dem Boden hängen, bevor sie richtig schmecken“, berichtet er und doziert über beteiligte Enzyme und Bakterien.
Nicht einmal 200 Schinken reifen im ammerländischen Apen unter der strengen Aufsicht des Räuchermeisters Müller jährlich. Doch welch ein Hort an Geschmack und Duft! Und wirklich, ein kleiner Bissen – und man hat eine Stunde aromatischen Geschmack im Mund.
„Einige meinen, ich mische Drogen unter die Schinken“, erzählt er lachend. Stimmt, man könnte süchtig danach werden. Allerdings bin ich der Meinung, dass dieser Schinken zu den besten in der Welt gezählt werden muss. Höre ich da nicht Applaus? (Klaus Ruwisch)

Schinken-Museum F.W. Meyer
Inh. Arnd Müller
Hauptstr. 212, 26689 Apen
Tel. 04489-6501
www.schinkenmuseum.de

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