Tête à Te
Tête à Tee
Wie der heiße Tee in die Welt kam erzählt eine alte Legende, mit der uns Helga Hamid-Gerster vom Teehuis in Osnabrück, Krahnstraße 11, gleich am Anfang unserer Teeverkostung im Mode-Atelier „Frauenzimmer“ bekannt machte. Kein Geringerer als ein chinesischer Kaiser entdeckte um das Jahr 2700 v. Chr. das Getränk, als der Wind ein Blatt von einem Teestrauch in seine Schale frisch abgekochten Wassers blies. Darüber sind Teetrinker, deren Zahl über die Jahrtausende auf 3,5 Milliarden weltweit gestiegen ist, noch heute froh.
Nach dieser Einstimmung auf das Thema kredenzte uns Frau Hamid–Gerster als Willkommensgetränk einen biologisch angebauten Assam-Mokalbari-Tee, second flush, mit kräftig-malzigem Aroma und führte uns dabei in die Wissenschaft der Teegewinnung und des Teegenusses ein. Von einer Wissenschaft zu sprechen ist nicht zu hoch gegriffen, geht es doch nicht nur um Kenntnisse der Anbaumethoden, der Lagen, des Klimas, des Pflückens, der Verarbeitung, der zahlreichen Teesorten und ihrer Aromen, sondern auch um Aufguss, Wassertemperatur und die für die Geschmacksentfaltung optimalen Teetassen und -kannen. Ergänzt wurden die Ausführungen der Gastgeberin durch einen Film, der in das indische Himalaya-Gebiet zu den Darjeeling-Teeplantagen führte.
Neben Assam gehört Darjeeling zu den großen Tee-Anbaugebieten in Indien. Von dort her kommen, dank der Höhenlage und des besonderen Klimas mit genügend Regen, Nebel und Monsunwinden, die Spitzentees. Geerntet werden kann alle 2 bis 3 Wochen. Für die ganz hochwertigen Tees werden dabei nur 2 Blätter und eine Knospe gepflückt („two leaves and a bud“). Ist der Tee dann fertig verarbeitet und hat das Welken, Rollen und Fermentieren (bei schwarzem Tee), das Trocknen, Sortieren und das Verkosten hinter sich, kann er in großen Kisten oder Säcken verpackt über die Welthauptstadt des Tees, Kalkutta, nach Hamburg verfrachtet werden. Dort wird er auf Rückstände kontrolliert, erneut verkostet, gemischt und verpackt.
Bei von Frau Hamid-Gerster selbst gebackenem, sehr leckeren Apfel- und Mandelkuchen probierten wir anschließend einen biologisch angebauten Hochlandtee, einen Darjeeling Mokalbari aus der ersten Pflückung (First Flush), der besonders blumig und mild schmeckte. Danach folgte ein grüner Yonkon-Tee aus Japan mit leicht nussartigem Geschmack. Er schmeckte viel herber als der Darjeeling zuvor, wurde aber mit dem 2. und 3. Aufguss milder, und wer es noch milder wollte, probierte diesen Tee gezuckert. Frau Hamid-Gerster empfahl weißen Zucker, da brauner Zucker den Eigengeschmack des Tees verändern würde. Japanische Teetrinker genießen den Tee ungesüßt, essen jedoch sehr süße Kleinigkeiten zum Tee.
Zum Abschluss wurden wir mit einem ganz besonderen Tee überrascht, einem You Ji Mei Gui Lu Yu Sun aus der chinesischen Provinz Yunnan. Es handelt sich um einen hochwertigen Tee, der nur Gästen angeboten wird, die man damit besonderes ehren will. Mindestens 100 grüne Teeblätter werden einzeln per Hand kunstvoll zu einer Knospe zusammengebunden. Mit heißem Wasser übergossen entfaltet sich die Knospe nach wenigen Minuten und eine Blüte steigt auf. Für die Zubereitung einer solchen Teerose wird etwa 1 Liter fast kochenden Wassers benötigt, danach können noch 2 Aufgüsse folgen. Natürlich muss der Tee in einer Glaskanne aufgegossen werden, damit man sich an dem Anblick freuen kann. Wir genossen das herbe, von feinen Parfumnoten durchzogene Aroma dieses Tees.
Angenehm erwärmt und angeregt von den köstlichen Tees und den vielen interessanten Informationen, dankten wir Frau Hamid-Gerster für ein genussvolles Tete à Tee an diesem dunklen, nassen und ungemütlichen Januartag.
(Renate Wall, Edgar Klinger)