Fleisch: München (2014)

10.12.2014 - In Deutschland findet eine Verschwendung beim Fleischverzehr in großem Ausmaß statt – nur ein bis zwei Drittel der geschlachteten Tiere werden von Menschen gegessen. In der Veranstaltungsreihe „Slow Food Kuttelgepräche“ diskutierte Slow Food Deutschland heute in München anlässlich des Terra Madre Tags in einer Experten-Gesprächsrunde am Herd zum Thema zukunftstaugliche Ernährungsstile und die Rolle des Fleischkonsums.

„Das ganze Tier zu essen, muss wieder kulinarische Normalität werden.“

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Teilnehmer der Koch- und Diskussionsrunde in der Kustermann-Kochschule am Viktualienmarkt waren Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, und Rupert Ebner, Tierarzt und Mitglied im Vorstand von Slow Food Deutschland, sowie die Gäste Simon Tress, Küchenchef im ROSE Biohotel-Restaurant, Georg Schweisfurth, Bio-Unternehmer und Autor, Jürgen Körber, Metzgermeister der Herrmannsdorfer Landwerkstätten und Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer. Wilfried Bommert, Vorstandssprecher des Instituts für Welternährung und Autor, moderierte die Veranstaltung.

Foto oben: Die Teilnehmer am ersten Slow Food Kuttelgespräch schneiden küchenfertige Lammkutteln in mundgerechte Stücke. Von links.: Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverbands Berufsschäfer; Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland; Jürgen Körber, Metzgermeister der Herrmannsdorfer Landwerkstätten; Georg Schweisfurth, Bio-Unternehmer und Autor und Simon Tress, Küchenchef im ROSE Biohotel-Restaurant. | © Andrea Huber

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Vom Speisezettel verschwunden: Kutteln und andere Innereien

Als Beispiel für die Vergeudung von rund der Hälfte des produzierten Fleisches in Deutschland standen bei der Veranstaltung Innereien im Mittelpunkt. Basierten Kochrezepte vor wenigen Jahrzehnten noch auf der vollständigen Verwertung der geschlachteten Tiere, also auch der Innereien, sind diese heute fast völlig aus dem Angebot der Metzger, Supermärkte und Restaurants verschwunden. Als so genannte unedle Teile werden sie beispielsweise an Haustiere verfüttert, in der Düngemittelindustrie verwendet oder als Biokraftstoff verarbeitet. Nachgefragt werden in erster Linie Filets, Koteletts und Schnitzel.

Ein zentraler Gedanke der Slow-Food-Philosophie heißt: Essen hat einen Wert. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, kritisiert diese Fleischverschwendung in unserem Lebensmittelsystem deshalb vehement und fordert: „Das ganze Tier zu essen, muss wieder kulinarische Normalität werden! Nur Edelteile zu essen, ist weder ökologisch noch moralisch vertretbar.“ Als konkrete Maßnahmen in der Wertschöpfungskette schlägt Hudson deshalb vor, verloren gegangenes Wissen wieder zu fördern, nämlich die handwerklichen Kenntnisse der Metzger, Innereien küchenfertig zu machen und die Kochkenntnisse der Konsumenten, diese Spezialitäten schmackhaft zuzubereiten.

Bild oben: Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland, demonstriert die beeindruckende Größe von Kuhkutteln. Dieser große Magen und andere Innereien vom Rind wie Leber, Nieren und Lunge waren im Ganzen als Anschauungsbeispiele für die Gäste des Terra Madre Tags von der Herrmannsdorfer Bio-Metzgerei in Glonn in den Veranstaltungsraum mitten in München gebracht worden. | © Andrea Huber

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"Wir müssen Innereien wieder sexy machen!"

Umgesetzt wurden diese Forderungen bereits während des „Slow Food Kuttelgesprächs“, einem Format, bei dem während des Gesprächs gemeinsam gekocht wird. Unter der Leitung von Bio-Spitzenkoch Simon Tress, Küchenchef im ROSE Biohotel-Restaurant, bereiteten die Teilnehmer zwei Gerichte zu: Lammkutteln mit getrockneten Tomaten und Pinienkernen und "Vitello Tonnato" von der Schweinezunge (links). "Innereien richtig zubereitet sind sehr wohlschmeckend", sagte Tress. Um dies nicht nur einem eingeweihten Kreis von Feinschmeckern zugänglich zu machen, sei es die Aufgabe von Köchen, Innerereien wieder "sexy zu machen", beispielsweise mit neuen und modernen Rezepten.

Bild oben: "Vitello Tonnato" von der Schweinezunge nach einem Rezept der Kuttelgespräch-Teilnehmer Georg Schweisfurth und Simon Tress aus deren gemeinsamen Kochbuch "Fleisch".  | © Andrea Huber

Der Terra Madre Tag - der globale Aktionstag der Slow Food Bewegung

Anlass der Veranstaltung war der internationale Terra Madre Tag der Slow-Food Bewegung, der jedes Jahr am 10. Dezember mit hunderten Veranstaltungen in über 150 Ländern gefeiert wird. An dem weltweiten Aktionstag stehen regionale Esstraditionen, eine reiche Vielfalt auf unseren Tellern und das Engagement für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem im Mittelpunkt.

Quelle: Pressemitteilung von Slow Food Deutschland vom 10. Dezember 2014

 

Weitere Informationen:

Terra Madre Tag 2014

Slow Thema: Tiere in der Landwirtschaft

Publikationen: Fleischatlas extra - Abfall und Verschwendung

Die Veranstaltungsreihe

Das „Slow Food Kuttelgespräch“, eine Gesprächsrunde am Herd zu guten, fairen und sauberen Lebensmitteln, soll als Slow-Food-spezifisches Format bei verschiedenen Veranstaltungen fortgesetzt werden. Die „Kutteln“ als Teil der Wortneuschöpfung „Kuttelgespräche“ sind bewusst gewählt. Kutteln lösen im kulinarischen Kontext starke, oft widersprüchliche Reaktionen aus: Sie werden als Lebensmittel von manchen abgelehnt, von anderen als Spezialität geliebt oder sogar mit heimatlichen Ernährungstraditionen identifiziert. Symbolhaft stehen sie in dieser Veranstaltungsreihe für unangepasste, provokative und neue Sichtweisen von Slow Food auf das aktuelle Lebensmittelsystem, über die man sich in Gesprächen austauscht. Die charakteristische Slow-Food-Prägung erhält das Format zudem durch das gemeinsame Kochen und den Genuss der zubereiteten Gerichte.

 

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