Gelber Orleans

„Sonnenliebende Rarität aus dem Rheingau“

Archepassagier seit 2023

Unterstützt von Slow Food Rheingau

Beschreibung des Passagiers

Der Gelbe Orleans ist eine sehr alte Rebsorte, die erstmalig 1709 erwähnt wurde. Das Synonym Hartheinisch/Harthengst deutet aber auf den Anbau schon im Mittelalter hin. In Frankreich und speziell in Orleans ist die Sorte unbekannt. Mittels DNA Analysen konnte noch keine Elternsorte identifiziert werden.

Der Gelbe Orleans ist eine starkwüchsige und reichtragende Sorte. Die sehr großen Trauben können Einzelgewichte bis 500 Gramm erreichen. Die gelben Beeren sind groß und dickschalig. Die Blätter sind ebenfalls groß, dreilappig, dazu wenig gebuchtet und auf der Blattunterseite schwach beborstet. Die Triebspitze ist rötlich und kahl.

Der Reifezeitpunkt liegt ca. 10-12 Tage nach dem Riesling. Deshalb kommt noch immer nur ein Anbau in allerbesten Lagen in Frage. Durch die sehr späte Reife wird die Sorte in Zeiten des Klimawandels wieder interessant z.B. für Toplagen in denen der Riesling „zu“ früh reift. Im Vergleich zu den 1980er Jahren liegt der Beginn der Traubenernte des Rieslings im Rheingau heute gut 14 Tage früher, schon Ende September.

Die Anfälligkeit gegenüber den Mehltaupilzen ist wie bei allen reinen Vitis vinifera Sorten hoch. Allerdings ist durch die sehr feste Beerenhaut die Fäulnisanfälligkeit gering.

Gefährdung des Passagiers

Der Gelbe Orleans gehörte zu den Sorten des Gemischten Satzes. Der Gemischte Satz diente früher in erster Linie der Sicherstellung des Ertrags. Wenn die Jahreswitterung für eine Sorte nicht passte, dann vielleicht für eine andere. Missernten wurden so vermieden. Es war auch keineswegs üblich, alle Sorten gemeinsam zu ernten, sondern je nach Reifegrad und Traubengesundheit wurde variiert.

Wein wurde in früheren Zeiten, genauso wie andere alkoholische Getränke, zum Mischen mit Wasser gebraucht, um dieses ausreichend keimfrei zu machen. Deshalb war eine ausgeprägte Aromatik zweitrangig, dafür Robustheit und vor allem Ertragssicherheit. Es war auch keineswegs üblich, alle Sorten gemeinsam zu ernten, sondern je nach Reifegrad und Traubengesundheit wurde variiert.

M_Schönleber_Gelber Orleans 2021_reinsortig.jpgIm reinen Satz wurde der Gelbe Orleans in nennenswertem Umfang wegen der späten Reife nur im Rüdesheimer Berg in den besten Lagen direkt über dem Rhein angepflanzt. Erste Zahlen gibt es für Rüdesheim 1871 mit 17,5 ha und 1882 mit 7,5 ha. Die letzte Kleinterrasse wurde zwischen 1950 und 1955 gerodet. Der Grund für diesen Rückgang dürfte im Wesentlichen durch die späte Reife verbunden mit recht kühlen Jahren in der Mitte des 20 .Jahrhunderts bedingt sein. Ein weiterer Grund könnte auch im Trend zu fruchtigen Sorten wie dem Riesling zu suchen sein.

Vereinzelt wurde die Sorte auch in Nierstein und in der Rheinpfalz in Forst und Deidesheim angebaut. Versuchspflanzungen gab es im 19. Jahrhundert auch an der Nahe und am Mittelrhein.

Danach war die Sorte nur noch in Sortimentsquartieren deutscher Rebenzüchtungsinstitute mit insgesamt ca. 25 Stock vorhanden. Auf Anregung des Weinguts Breuer aus Rüdesheim begann das Institut für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim 1989 mit der erhaltungszüchterischen Bearbeitung der Sorte Gelber Orleans. Von den neun Stöcken des Geisenheimer Sortiments wurden drei ausgewählt und vermehrt. Mit diesem Material konnte das Weingut Breuer 1994 eine Ertragsanlage im Rüdesheimer Schlossberg erstellen. 2023, also 30 Jahre später, folgt eine zweite kleine Anlage mit Edelreisern aus dem eigenen Bestand. Da die Sorte nicht in der Sortenliste des Bundessortenamtes eingetragen ist, kann Pflanzmaterial nur als Züchterpflanzgut beim Rebenzüchter, dem Institut für Rebenzüchtung der Hochschule Geisenheim, auf Vorbestellung erworben werden.

2022 sind aktuell folgende Anbauflächen vorhanden:

Rheingau 0,6 ha, Rheinhessen u. Pfalz 2,2 ha, Franken 0,2 ha

Die Sorte wurde 2020 in die Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung aufgenommen.

Regionale Bedeutung des Passagiers

Gelber Orleans_Vergleich mit Silvanertraube_M Steinmann_2179.jpgHauptanbaugebiet des Gelben Orleans waren die besten Lagen des Rüdesheimer Bergs. In den anderen Lagen wurde der Riesling angebaut. Beide Sorten wurden zum berühmten Rüdesheimer Bergwein verschnitten.

Der Anbau des Gelben Orleans erfolgte meist als Bestandteil des Gemischten Satzes. Wobei die Übergänge zwischen Gemischtem Satz und Cuvee von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich und fließend gewesen sein dürften. Der Wein wurde ja nur mit der Lagenbezeichnung Rüdesheimer Bergwein und nicht mit einer Sortenbezeichnung vermarktet.

Der Gelbe Orleans ist eine historische Rebsorte im Rheingau und gehört damit auch zum kulturellen Erbe des Rheingaus. In anderen Gebieten wurde sie nur sporadisch angebaut. Wegen ihrer späten Reife ist sie dort wieder verschwunden.

Bei einigen Betrieben im Rheingau ist der Gelbe Orleans Bestandteil des historischen Rebensatzes des Rheingaus, einer gesetzlich geschützten Marke, eingetragen für den Verein zur Förderung des historischen Weinbaus im Rheingau e.V.

Der Klimawandel könnte diese Sorte aber wieder interessant machen, auch unter den Aspekten der Fäulnisfestigkeit, Robustheit und späten Reife.

Geschmack des Passagiers

Früher wurde die Rebsorte mit Rieslingtrauben zum berühmten Rüdesheimer Bergwein verschnitten – wobei der Orleans die Menge und die Säure, der Riesling das Bukett und die Finesse brachten. Heute stellen die meisten Betriebe aus dem Gelben Orleans sortenreinen Stillwein her und bauen ihn trocken oder halbtrocken aus. Ein längeres Fass oder Flaschenlager fördert die Entwicklung des Weines, der über einige Jahre seine Frische behält. Der Wein hat mit maximal 12,5 % einen moderaten Alkoholgehalt und ist von goldgelber Farbe. Der Geschmack ist frisch und rassig mit einer dezenten Note nach grünem Äpfeln, Quitten und Bienenwachs. Aufgrund seiner feinnervigen und unaufdringlichen Art eignet sich die Sorte besonders gut als Essensbegleiter. Die Sorte wird auch zur Sektbereitung verwendet und eignet sich aufgrund der späten Reife und Fäulnisfestigkeit ebenfalls zur Eisweinbereitung.

Meist ist der Gelbe Orleans bei Winzer*innen schnell ausverkauft. Das wird sich vielleicht in Zukunft ändern, denn der Klimawandel könnte diese Sorte wieder interessant machen und für Neupflanzungen der sonnenliebenden Rebe sorgen.

Züchter*innen, Erzeuger*innen und Bezugsquellen

Züchterpflanzgut

Hochschule Geisenheim

Institut für Rebenzüchtung

von-Lade-Str. 1

65366 Geisenheim

Tel. (0 67 22) 50 21 32

Erzeuger

Rheingau:

Weingut Georg Breuer

Geisenheimer Straße 9

65385 Rüdesheim

Tel. (0 67 22) 10 27

www.georg-breuer.com

info@georg-breuer.com

***

Weingut Dr. Gietz

Grund 35

65366 Geisenheim – Johannisberg

Tel. (0 67 22) 85 65

www.gietz-wein.de

gietz@wein.de

***

Weingut Josef Schönleber

Marktstraße 15

65375 Oestrich-Winkel

Tel. (0 67 23) 34 92

www.weingut-schoenleber.de

kontakt@weingut-schoenleber.de

***

Weingut Ludwig Velten

Neudorfgasse 8

65239 Hochheim am Main

Tel. (0 61 46) 76 96

www.woigiggel.de

info@woigiggl.de

***

Rheinhessen:

Weingut Abthof

Bahnhofstraße 27

55278 Hahnheim

Tel. (0 67 37) 3 80

www.weingut-abthof.de

info@weingut-abthof.de

***

Weingut Gehring

Außerhalb 17

55283 Nierstein

Tel. (0 61 33) 54 70

www.weingut-gehring.de

info@weingut-gehring.com

***

Pfalz:

Weingut Knipser

Hauptstraße 47-49

67229 Laumersheim

Tel. (0 62 38) 7 42

weingut-knisper.de

mail@weingut-knipser.de

***

Weingut Gross

Bahnhofstraße 40

67149 Meckenheim

www.weinbau-gross.de

andrea@weinbau-gross.de

Franken:

Wein.Kultur.Gut. Schloss Sommerhausen

Hauptstr. 25

97286 Sommerhausen

Tel. (0 93 33) 2 60

www.sommerhausen.com

info@sommerhausen.com

Links und Aktivitäten rund um den Passagier

Verein zur Förderung des Historischen Weinbaus im Rheingau e. V.

Senefelderstraße 5a

65205 Wiesbaden

verein@historischer-weinbau.de

www.historischer-weinbau.de

>> Slow Food Magazin: Gelber Orleans

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