Gelbvieh
Das gelbe Rind aus Franken
Arche-Passagier seit 2018
Unterstützt von Slow Food Altmühlfranken und Slow Food Mainfranken-Hohenlohe
Beschreibung des Passagiers
Wie der Name Gelbvieh schon nahelegt, handelt es sich um ein einfarbig gelbes Rind mit meist hellem fleischfarbenen Flotzmaul – der Verschmelzung von Nasenlöchern und Oberlippe. Es ist mittel- bis großrahmig mit kräftigem und gut bemuskeltem Knochenbau und sehr widerstandsfähigen Klauen. Bis in das 21. Jahrhundert war jedes Tier der Rasse Gelbvieh genetisch mit der Bildung von Hörnern ausgestattet, die dunkle Spitzen aufweisen. Inzwischen erfolgt die Zucht des Gelbviehs auch auf Hornlosigkeit.
Die zuchtzielgerechte Kreuzbeinhöhe ausgewachsener Bullen liegt zwischen 150 und 160 cm bei einem Gewicht zwischen 1.100 kg und 1.300 kg, die der Kühe zwischen 140 und 150 cm bei einem Gewicht von 700 bis 850 kg (Rinderzuchtverband Franken in Ansbach).
Das derzeitige Zuchtziel berücksichtigt gleichmäßig die Milch- und Fleischleistung (Zweinutzung). Dabei wird auf der Milchseite eine Jahresleistung von ca. 5.800 kg Milch (Fettanteil 4,1 %, Eiweiß 3,5 %) angestrebt. Im Vergleich dazu lag sie bei den auf Milchleistung spezialisierten Rassen 2015 in Deutschland pro Kuh durchschnittlich bei über 8.500 kg. Für die Fleischbildung ist ein langanhaltendes Wachstum bei voller Körperbemuskelung erwünscht. Bei Stallhaltung wird für Jungbullen mit circa 19 Monaten ein Schlachtgewicht von ca. 400 kg bei einem Lebendgewicht von circa 700 kg angestrebt.
Genetische Verwandte des Gelbviehs sind u.a. das Glanrind (Passagier der Arche des Geschmacks) und das Limpurger Rind (als Weideochse ebenfalls Passagier der Arche des Geschmacks).
Anfang der 1870er Jahre herrschte (auch) in Franken noch eine große Rassenvielfalt, wobei gelbbraune Schläge überwogen. Sie basierten auf Einkreuzungen mit rotbraunem Berner Vieh und Heilbronner Vieh in das rote Landvieh Süddeutschlands. Dieses wiederum geht zurück auf einen germanischen Landschlag, den die Kelten nach Süddeutschland eingeführt hatten. Wirkliche Erfolge stellten sich nicht ein, weil die wüchsigeren Tiere nicht entsprechend ihrer Bedürfnisse bzw. ihres Potenzials gefüttert wurden. Erst 1872 wurde ein Zuchtziel definiert und in der Folge weitereingekreuzt – bis 1897 erfolgreich mit Tieren der Rassen Simmentaler und ohne Erfolg mit South-Devon und Shorthorn (Sambraus 1994 und 1999) Nutztierrassen.
Knispel (1907) dokumentiert die Rinderbestände in den Regionen und Bezirken differenziert nach Rassen und Schlägen: In Abgrenzung zu den verwandten Glan-Donnersbergern, Limpurgern und Ansbach-Triesdorfern beläuft sich die Zählung des Gelbviehs (hier noch Frankenvieh genannt) auf 576.662 Tiere. Davon 472.128 in Bayern, gefolgt von 29.390 in Hessen-Nassau (Preußen), 20.950 in Sachsen (Preußen), 15.761 in Sachsen-Meiningen, 10.707 in Sachsen-Weimar-Eisenach, 10.323 in Sachsen-Coburg-Gotha, 10.014 in Schwarzburg-Sondershausen.
Gefährdung des Passagiers
Zu seiner Blütezeit Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland über 800.000 Rinder der Rasse Gelbvieh. Damit betrug deren Anteil am Gesamtrinderbestand der BRD über 7% (Hartmut Glock). Wie bei allen Mehrnutzungsrassen führte die zunehmende Mechanisierung der Landwirtschaft zunächst zu einem Rückgang der benötigten Ochsen als Arbeitstiere, dann verdrängten Hochleistungsmilchkühe das Gelbvieh auch in der Milchproduktion.
Neben dem einseitigen Trend zur Milchproduktion bewirkte der starke Strukturwandel in den fränkischen Ackerbaugebieten (z. B Zuckerrüben- und Maisanbau) die stark rückläufige Zahl der Tiere. Dabei setzten die Milch erzeugenden Betriebe wegen der höheren Milchleistung auf die Rasse Fleckvieh. Diese verfügt zudem über eine deutlich größere Auswahl an Besamungsbullen.
So hat der Bestand des Gelbviehs in den letzten 40 Jahren in Deutschland deutlich abgenommen, während es seit 1970 in vielen Ländern zur Rindfleischproduktion eingesetzt wird. Denn aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Klima- und Haltungsbedingungen, seines ruhigen Temperaments sowie der guten Muttereigenschaften, ist es für Kreuzungen gut geeignet.
Wurden im Herdbuch 1997 noch gut 9.000 Tiere geführt, waren es 2016 nur noch 1.600 reinrassige Tiere (davon 250 Fleischrinder). Über die im Herdbuch für Milchvieh vertretenen Kühe hinaus sind Fleischrinder der Rasse Gelbvieh in verschiedenen Herdbüchern für Fleisch gelistet (2018): Rinderzuchtverband Franken (580 Kühe), Fleischrinderverband Bayern (70 Kühe) und im übrigen Bundesgebiet (200 Kühe) – insgesamt 850 Kühe.
Weiterhin fällt das Gelbvieh in die Kategorie III "gefährdet" der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V.
Erwerbbarkeit des Passagiers
Es ist schwierig, eine detaillierte Erzeugerliste zu erstellen, da für das Gelbvieh noch kein Markenbegriff für Qualitätsfleisch (wie z. B. für Produkte einiger französischer Rinderrassen) etabliert ist. Deswegen erfolgt der Verkauf in der Regel anonym als Rindfleisch bzw. Milchprodukt. Die unten angegebene Erzeugerliste benennt die den antragstellenden Convivien bekannten Betriebe, die Produkte vom Gelbvieh anbieten. Es ist zu hoffen, dass die Aufnahme des Gelbviehs in die Arche des Geschmacks einen Anstoß für Transparenz und Differenzierung geben kann.
Regionale Bedeutung des Passagiers
Das Gelbvieh hatte aufgrund seiner hervorragenden Zugeigenschaften einen festen Platz in der fränkischen Landwirtschaft und wurde in andere Gegenden, auch ins Ausland, exportiert.
Im 18. Jahrhundert kamen erste Tiere des „Heilbronner Viehs“ zur Verbesserung der Leistung in den fränkischen Raum, vor allem in die Ortschaften Seinsheim, Gnötzheim, Markt Bibart, Wässerndorf und Willanzheim. Hier fand eine Veredelung des alten fränkischen Viehs mit Heilbronner Vieh und möglichst einfarbigen Simmentalern statt. Dieses als „Scheinfelder Rind“ bekannte Vieh von rotgelber Farbe, im Durchschnitt um neun Monate früher reif, wies sehr gute Zugeigenschaften auf, die in der damaligen Landwirtschaft wichtig waren. Von Scheinfeld aus fand eine Verbreitung des gelben Viehs in den Aischgrund, nach Windsheim und Uffenheim statt. Wegen seiner überdurchschnittlichen Arbeitsleistung, seiner sehr guten Mastfähigkeit und der hohen Fleischqualität wurde das Scheinfelder Vieh zu einem anerkannten Zucht- und Handelsartikel. Besonders die drei- bis vierjährigen Gangochsen waren ein Verkaufsschlager. In den 1860er Jahren wurden pro Jahr 30.000 bis 40.000 Stück über den fränkischen Raum hinaus verkauft.
Zur Beendigung des sogenannten Rassenwirrwarrs mit unterschiedlichen Schlägen in Franken wurde 1872 erstmals ein Zuchtziel aufgestellt und letztlich 1897 der mittelfränkische Gelbvieh-Verband aus der Taufe gehoben – die älteste verbandliche Wurzel des heutigen Rinderzuchtverbandes Franken.
Bis zur Mechanisierung der Landwirtschaft stand die Arbeits- und Mastleistung im Vordergrund der Zuchtbemühungen. Nach dem ersten Weltkrieg wurde auch der Milchleistung Beachtung geschenkt. Dieses Zuchtziel wurde nach dem Ende des zweiten Weltkriegs unter Beibehaltung der Masteigenschaften stetig weiterverfolgt. Zu Beginn der 60er Jahre wurde eine sogenannte Veredlungskreuzung mit Rotem Dänischem Milchvieh durchgeführt. Diese Einkreuzung bewirkte eine Erhöhung der Milchleistung, aber die fränkischen Zuchtbetriebe wollten keine generelle Umzüchtung des Gelbviehs.
Seit den 1950er Jahren führte die zunehmende Mechanisierung der Landwirtschaft zunächst zu einem Rückgang der benötigten Ochsen, dann verdrängten Hochleistungskühe das Gelbvieh auch in der Milchproduktion.
Dennoch: Heute wird das Gelbvieh vor allem zur Milcherzeugung genutzt, aber nicht zur Hochleistung, sondern mit viel Gras in der Fütterung – vorrangig in "Low-Input", auch in Bio-Betrieben. Nur in Teilen Frankens (z. B. Spessart, Rhön, Altmühlfranken und entlang des Aischtals) wird es vereinzelt in Mutterkuhhaltung genutzt und auch auf der Weide gehalten. Die Vermarktung erfolgt in der Regel direkt vom Hof oder über kleine Gemeinschaften aus Rinderhaltern, Schlachtbetrieben und Metzgern jeweils anonym als Rindfleisch bzw. Milchprodukt. Ein Hinweis auf die alte Rinderrasse fehlt meist und damit auch eine Art „Branding“, wie z. B. bei französischen Rinderrassen.
Geschmack des Passagiers
Das Gelbvieh verfügt über ein feinfaseriges, gut marmoriertes Fleisch. Für die – bisher nur sehr selten praktizierte – Ochsenmast werden die männlichen Kälber bis zum Alter von fünf Monaten kastriert. Dadurch wachsen die Tiere langsamer und kommen mit Futter von der Weide aus. Das langsamere Wachstum führt zu einem Schlachtalter von etwa zweieinhalb Jahren und dadurch zu einem sehr gut marmorierten Fleisch mit hervorragendem Geschmack. Nach unabhängigen Untersuchungen von vor gut zehn Jahren rangiert die Qualität des Fleisches vom Gelbvieh gleich hinter dem Pinzgauer Rind.
Züchter*innen, Erzeuger*innen und Bezugsquellen
Landmetzgerei Kleinhenz GmbH
Kapellenstraße 28
97789 Oberleichtersbach
Tel. (0 97 41) 93 00 50
Info@landmetzgerei-kleinhenz.de
www.biometzgerei-rhoen.de
Fleisch vom Gelbvieh
Schwalbenhof-Weber
Dammallee 40
97618 Wülfershausen
Tel. (0 97 62) 61 86
Milch- und Fleischprodukte vom Gelbvieh
Biohof Heubach
Hauptstr. 7
97346 Iphofen
Tel. (0 93 26) 10 58
Milch- und Fleischprodukte vom Gelbvieh
Hofkäserei Zeitz, Michael und Birgit Zeitz
Eidenbacher Weg 7
97797 Wartmannsroth
Tel. (0 93 57) 6 48
Milchprodukte (Quark, reiche Käseauswahl in sehr guter (Bio)-Qualität)
Gernot Rabenstein
Haag 33
96160 Geiselwind
Tel. (0 95 56) 3 82
Gabriele und Mathias 0ehring
Karbach
Tel. (0 93 91) 9 18 52 93
Fleisch vom Gelbvieh
Burkard Sauer,
Luitpoldstraße 3
97450 Arnstein
Tel. (0 93 60) 99 30 02
Fleisch vom Gelbvieh
Hans Brunnenmeier, Die „Kuhle“ Direktvermarktung Brunnenmeier
Burg 9
91796 Ettenstatt
Tel. (0 91 48) 90 87 75
Weiderindfleisch aus Gelbvieh-Mutterkuhhaltung
Martin Pfahler/Werzingerhof
Stiegmühlerstr. 10
91174 Spalt-Wernfels
Tel. (0 98 73) 12 05
Vermarktung der Milch im eigenen Betrieb (Speiseeis)
Metzgerei Georg Wechsler
Hauptstr. 12
91174 Spalt
Tel. (0 91 75) 2 48
Vermarktung von regional erzeugtem Gelbvieh-Fleisch
Landmetzgerei Max Gruber
Hintere Dorfstr. 7
91174 Spalt-Großweingarten
Tel. (0 91 75) 6 35
Vermarktung von regional erzeugtem Gelbvieh-Fleisch
Forster´s Einkehr /Gerhard Forster
Güsseldorf 1
91174 Spalt-Güsseldorf
Tel. (0 91 75) 2 95
Gastwirtschaft mit Gelbvieh-Speisekarte, Gelbvieh-Produkte aus der Spalter Region
Voggendorf 26
91486 Uehlfeld
Tel. 0160 9547219
Fleisch und Milch vom Gelbvieh
Gut Heuschenhof
Familie Briem
Dorperweg 41
40699 Erkrath
Tel. (01 76) 23 66 78 17
info@heuschenhof.de
www.heuschenhof.de
Johann-Rudolf Herzner
Bauerngasse 14
86704 Tagmersheim
Tel. (01 74) 8 04 33 76
herzner.conny@gmx.net
97656 Oberelsbach
Quellenangaben
aid infodienst, Rinderrassen, Bonn, 2012
Albrecht Strotz, Zuchtleiter des Rinderzuchtverbands Franken e.V. (Juni und Juli 2018): Persönliche Mitteilungen. Fachzentrum Rinderzucht, AELF Ansbach; www.rzv-franken.de www.aelf-an.bayern.de
Angewandte Wissenschaft, Heft 493, Molekulargenetische Differenzierung verschiedener Rotviehpopulationen, Landwirtschaftsverlag Münster
Bayrischer Rundfunk (2015): Gefährdeter Bestand: Fränkisches Gelbvieh | Unser Land | BR. https://www.youtube.com/watch?v=MNcrvYjVmIU
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Zentrale Dokumentation Tiergenetischer Ressourcen in Deutschland, www.tgrdeu.genres.de
Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen, www.geh.de
Glock, Hartmut: http://www.g-e-h.de/geh-rind/gelb.htm
Interessensgemeinschaft für das Deutsche Gelbvieh, http://www.rzv-franken.de/gv/
Interviews mit verschiedenen Gelbviehhaltern und Herrn Holzinger vom AELF Würzburg.
Knispel, Oskar (1907): Die Verbreitung der Rinderschläge in Deutschland, Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft, Berlin
Neumayer, Sonja (2012): Fränkisches Gelbvieh als Slow Food Arche Produkt, Bachelors Thesis. Freising-weihenstephan
Richter, Diethelm: Franken - Deine Gelbe Kuh, BLV Verlagsgesellschaft, München, 1997
Sambraus, Hans Hinrich (1994): Atlas der Nutztierrassen. Ulmer, Stuttgart
Sambraus, Hans Hinrich (1999): Gefährdete Nutztierrassen. Ulmer, Stuttgart.
Links und Aktivitäten rund um den Passagier
>>Ein gelbes Rind wird der 70. Passagier der Arche des Geschmacks
>>Kartoffelig, bratwurstig und sauer
Download
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Bannerbild: © Dieter Kraus-Egbers, weitere Bilder: © Dieter Kraus-Egbers (1), Gelbzuchtverband Nürnberg (1) Gerhard Schneider-Rose (1)