Ernährungswende hin zu Biodiversität und Nachhaltigkeit - von Sabrina Buchholz

04.02.2025 - Was hat Slow Food mit Wahlen zu tun? Diese Frage stellt sich immer wieder. Und am Vorabend der Bundestagswahl 2025 ganz besonders. Slow Food tritt weltweit für eine Ernährungswende ein. Wir sind Vorreiter für viele Positionen, die sich Wege in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit bahnen und die damit auch Aufmerksamkeit in der Politik finden. Leider geht dieser Prozess "slow" voran, und es besteht die Sorge, dass wir im Angesicht der Klimakrise nicht die Zeit haben, alles "slow" anzugehen.

Slow Food möchte eine Ernährungswende hin zu einer kleinteiligen Landwirtschaft mit Biodiversität und Nachhaltigkeit erreichen, sodass wir wissen, wer unsere Lebensmittel anbaut, verarbeitet und vertreibt. Das beinhaltet die Unterstützung von nachhaltig arbeitenden Lebensmittelhändlern, die unsere Versorgung sicherstellen, genauso wie die Unterstützung von Hofläden und Solidarischen Landwirtschaften. Idealerweise sind wir Teil regionaler Erzeuger-Verbraucher-Netzwerke und profitieren von der Nähe zu saisonal erzeugten Lebensmitteln.

Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass wir auf Südfrüchte, Kakao oder Tee verzichten wollen. Wir möchten aber wissen, ob die Landwirt*innen und Lebensmittelhandwerker*innen fair, das heißt mindestens auskömmlich, entlohnt werden. Wir möchten auch erfahren, ob und wie die nachhaltig Lebensmittel angebaut und transportiert werden. Hierzu brauchen wir entweder Kooperationen, die es im Bereich Tee, Kakao und Kaffee bereits gibt, oder wir müssen uns auf einschlägige Siegel verlassen. So benötigt jede und jeder Einzelne viel Wissen, um sich gut, sauber und fair zu ernähren. Zur Umsetzung eines nachhaltigen Ernährungsstils gehört aber auch die Kenntnis von Saisonalität und das Wissen um Küchentechniken, wie etwa das Haltbarmachen von Lebensmitteln. Standpunkte Sabrina Buchholz.png

Um unser Ziel zu erreichen, agiert Slow Food auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren. Wir drehen nicht das große parteipolitische Rad, arbeiten aber an vielen kleinen Stellschrauben. So ist Slow Food Deutschland mit vielen Akteur*innen in Kooperationen verbunden. Dies war ganz farbenfroh und anschaulich kürzlich auf der Wir-haben-es-satt-Demo im Januar 2025 in Berlin zu sehen, wo ein Bündnis aus vielfältigen Gruppen − geeint im Bemühen, eine Ernährungswende herbeizuführen – demokratisch und friedlich für dieses Ziel eintrat. (Ich schreibe diese Zeilen, bevor die Demo stattfand, in der Hoffnung, dass es, wie immer, ein farbenfroher, gewaltfreier Protest sein wird). Unsere Kernkompetenz ist genussvolles Essen. Deshalb gab es traditionell am Vorabend der Demo die fröhliche Schnippeldisko, organisiert von Slow Food Youth.

Auch auf lokaler Ebene versuchen wir uns einzumischen. Landauf, landab gibt es viele Convivien − so nennen wir unsere lokalen Gruppen − die sich um die Verbreitung des Wissens rund um unsere Lebensmittel bemühen. Je nach Region und Interessen der Mitglieder gibt es verschiedene Schwerpunkte. Während sich im Norden vieles um den Seefisch und dessen komplexe Problematik dreht, ist im Süden eher der Teichfisch eine tiefere Betrachtung wert. An vielen Ständen und bei genussvollen Veranstaltungen sprechen wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger an und bringen ihnen unsere Philosophie näher. Gerne mit einem gesprächsanimierenden und überzeugenden Häppchen. Sehr unterschiedliche Themenbereiche machen unseren Verein so bunt und vielfältig.

Was können wir nun konkret für die nächste Wahl tun? Zunächst: Wahlprogramme lesen und überlegen, welche Partei am besten zu unseren Zielen passt! Wer schreibt eine Landwirtschaft, die Biodiversität fördert und nicht die Blühstreifen an den Feldrändern opfert, ins Wahlprogramm? Wer möchte, dass unsere Kinder bereits mit Wissen rund um gute Lebensmittel aufwachsen? Wer setzt sich für den Schutz von Naturräumen und Artenvielfalt ein? Wer räumt dem Klimaschutz Priorität ein, um in der Stadt und auf dem Land gut leben und wirtschaften zu können? Und so weiter, und so fort!

Wir können unserem festen Willen, aktiv an einer Welt mitzuarbeiten, die gutes, sauberes und faires Essen für alle ermöglicht, Ausdruck verleihen! Machen wir gemeinsam genussvoll weiter – weit über den Wahltag hinaus!

von Sabrina Buchholz, Stellvertretende Vorsitzende von Slow Food Deutschland

erschienen im Slow Food Magazin 01/2025

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