Slow Food Farms: Neues internationales Slow-Food-Projekt gestartet

17.09.2024 - Das industrielle Lebensmittelsystem stellt Profit über Menschen- und Planetengesundheit. Oft sind es die Landwirt*innen selbst, die am stärksten von den negativen Auswirkungen dieses Systems betroffen sind. Mit dem neuen internationalen Projekt "Slow Food Farms" entgegnen die Bäuer*innen aus dem Slow-Food-Netzwerk diesem ausbeuterischen System mit einem positiven Ansatz, die Zukunft zu gestalten: der Agrarökologie. Das Projekt der Slow Food Farms ist ein weltweites Netzwerk landwirtschaftlicher Betriebe und vereint all diejenigen, die nach agrarökologischen Prinzipien gute, saubere und faire Lebensmittel erzeugen.

Slow Food Farms setzen das Konzept der Agrarökologie in die Praxis um. Sie stehen an vorderster Front der agrarökologischen Wende und arbeiten daran, die Zukunft der Lebensmittelsysteme neu zu gestalten, indem sie Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit fördern.

Was ist eine Slow Food Farm?

SlowFood_Network_Farms.jpegEine Slow Food Farm ist ein Hof, auf dem nach agrarökologischen Prinzipien Lebensmittel angebaut oder Viehzucht betrieben wird, d.h. mit Rücksicht auf die Umwelt, die biologische Vielfalt und die lokalen Gemeinschaften. Diese Höfe sind von zentraler Bedeutung für widerstandsfähige lokale Lebensmittelsysteme, da sie die lokale Wirtschaft stärken und sicherstellen, dass die Landwirt*innen eine gerechte Entlohnung erhalten.

Die Bedeutung von Agrarökologie für Slow Food

Agrarökologie ist ein transdisziplinäres Gebiet, das die ökologischen, soziokulturellen, technologischen, ökonomischen und politischen Dimensionen von Lebensmittelsystemen von der Produktion bis zum Konsum umfasst und eine praktikable Alternative zu industriellen Verfahren darstellt. Sie wurde in einer Reihe wegweisender internationaler Berichte als Schlüssel für die Transformation von Ernährungssystemen identifiziert. Ziel der agrarökologischen Wende ist es, stärkere Lebensmittelsysteme zu schaffen, die die Landwirt*innen unterstützen, Ernährungssouveränität und Ernährungssicherheit gewährleisten und auf nachhaltige Weise für alle Menschen eine gesunde Ernährung sicherstellen — jetzt und in Zukunft.

Den Zusammenhang zwischen Agrarökologie und dem neuen Projekt kommentiert Edward Mukiibi, internationaler Slow-Food-Präsident:

„Wir haben gestern das Projekt der SlowFood Farms lanciert, das weltweit größte Netzwerk von Bauernhöfen, die sich der Produktion von guten, sauberen und fairen Lebensmitteln nach agrarökologischen Prinzipien verschrieben haben. Im Einklang mit der Philosophie von Slow Food, dass jeder Mensch Zugang zu nahrhaften Lebensmitteln verdient, die gleichzeitig die Gemeinschaften unterstützen, die Erde respektieren und die lokale Wirtschaft stärken, verkörpern diese Höfe die Zukunft der nachhaltigen Landwirtschaft. Durch die Einbindung der Höfe in starke lokale Lebensmittelsysteme verbessern die Slow-Food-Höfe nicht nur die Lebensgrundlage der Bäuerinnen und Bauern, sondern sorgen auch für faire Bezahlung und langfristige wirtschaftliche Stabilität. Slow Food stärkt die Stimmen dieser Landwirt*innen und verbindet sie mit einer weltweiten Gemeinschaft von Aktivist*innen, Köch*innen, Verbraucher*innen, Lebensmittelhandwerker*innen, Fischer*innen und anderen Bäuerinnen und Bauern, die die Bewegung seit langem unterstützen“.

Mehr Informationen zum Projekt Slow Food Farms: https://www.slowfood.com/de/slow-food-farms/

Mehr zum Programm der Slow-Food-Farms beiTerra Madre

Politischer Handlungsbedarf in Sachen nachhaltige Ernährung und Lebensmittelproduktion

„Anlässlich des Treffens der Agrarminister*innen der G7-Länder fordert Slow Food die Regierungen auf, Ernährung in den Mittelpunkt der politischen Agenda zu stellen, denn sie ist ein Eckpfeiler der Grundrechte und ein Schlüsselelement, um Nachhaltigkeit zu schaffen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen“, erklären Edward Mukiibi, Präsident von Slow Food, und Barbara Nappini, Präsidentin von Slow Food Italien. Zur gleichen Zeit (vom 26. bis 30. September) bringt die internationale Slow-Food-Bewegung bei Terra Madre Salone del Gusto über 3.000 Vertreter*innen aus 120 Ländern zusammen, die sich für eine gute, saubere und faire Lebensmittelproduktion und eine Wirtschaft einsetzen, die Rücksicht auf die Gesundheit der Natur und die der Menschen nimmt.

„Die Welt ist aktuell mit einer noch nie dagewesenen Anzahl von Krisen konfrontiert. Das derzeitige Entwicklungsmodell, das an den globalen Märkten ausgerichtet ist und einem Wirtschaftsmodell nacheifert, das auf unendlichem Wachstum, Hyperproduktivität, Konsum und Verschwendung basiert, höhlt erwiesenermaßen die natürlichen Ressourcen und die biologische Vielfalt aus, ohne Wohlstand für die Bürger zu schaffen. Slow Food hat einige Schlüsselbereiche identifiziert, in denen sofortiges Handeln erforderlich ist. Ihnen allen ist das Element gemein, das wir für die tragende Idee der Zukunft halten: die Neugestaltung unserer Beziehung zur Natur und die Einführung agrarökologischer Praktiken“, fügen Mukiibi und Nappini hinzu.

Das Dokument 10 Punkte für gute, saubere und faire Lebensmittel für Alle  wird auch den Landwirtschaftsminister*innen und ihren Sekretariaten übermittelt.  

Konkret fordert Slow Food die Regierungen zu folgenden Maßnahmen auf:

  1. Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe, die agrarökologische Praktiken anwenden, um den Boden und die biologische Vielfalt zu erhalten und den Generationenwechsel zu fördern.
  2. Unterstützung von Landwirt*innen, die ihre Tiere respektieren und die Randgebiete schützen.
  3. Ernährungsbildung als Pflichtfach in allen Schulen und Förderung von Gemeinschaftsverpflegung auf Basis frischer, lokaler und qualitativ hochwertiger Produkte sowie Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung.
  4. Umsetzung verbindlicher politischer Maßnahmen, die die Dynamik der Lebensmittelkette verändern, indem sie den Verbraucher*innen transparente und umfassende Informationen garantieren, Mindestkriterien für Nachhaltigkeit bei der öffentlichen Beschaffung von Lebensmitteln festlegen und Direktvermarktung und Bauernmärkte unterstützen.
  5. Umsetzung aller notwendigen Maßnahmen, um Landwirt*innen einen fairen Preis für Lebensmittel zu zahlen, die mit Rücksicht auf den Boden und die Gesundheit der Verbraucher*innen produziert werden.
  6. Regulierung aller GVO, Durchführung angemessener Risikobewertungen und Gewährleistung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit für die Verbraucher*innen entlang der gesamten Lieferkette.
  7. Einführung einer Politik, die Migrant*innen wirklich integriert.
  8. Unterstützung einer Wirtschafts- und Handelspolitik, die die Ernährungssouveränität aller Völker gewährleistet und den Export der negativen externen Effekte des westlichen Ernährungssystems verhindert.
  9. Unterstützung der handwerklichen Küstenfischerei, insbesondere durch Förderung des Generationenwechsels.
  10. Entwicklung verbindlicher Maßnahmen zur Minimierung von Kunststoffverpackungen im gesamten Lebensmittelsystem

Inhaltspezifische Aktionen