TTIP: Slow Food Deutschland unterstützt zivilgesellschaftlichen Widerspruch
PRESSEINFORMATION – Berlin, 10. Oktober
Heute protestieren Zehntausende von Bürgern und Bürgerinnen in Berlin gegen das geplante Handelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA. Slow Food Deutschland e. V. hat sich dem Bündnis gegen das Freihandelsabkommen angeschlossen, und unterstützt den zivilgesellschaftlichen Widerspruch.
„Für uns ist TTIP mindestens aus zwei Gründen nicht akzeptabel,“ so Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland e. V. „Zum einen wurden die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Das geht gegen das demokratische Prinzip, und lässt sich nicht mit unserer Vorstellung von der Einbindung der Zivilgesellschaft vereinbaren. Zum anderen ist das Ziel der Verhandlungen ein Kompromiss, was grundsätzliche eine Standardverschlechterung für einen Partner bedeutet."
Slow Food Deutschland befürchtet, dass trotz des Mantras der EU-Entscheidungsträger: „Europäische Standards für Lebensmittel und Landwirtschaft werden nicht gesenkt!“ ein Kompromiss genau dies hervorrufen würde. Ein Beispiel ist das vielzitierte „Chlorhühnchen“: Nicht das Chlorbad an sich ist das Problem, sondern die Haltungsbedingungen der Hühner, die eine solche Behandlung notwendig machen. Das Chlor soll die bakterielle Verseuchung wettmachen, die durch Massenhaltung, nicht artgerechte Fütterung und unhygienische Schlachtung eingetreten ist. Durch das Chlorbad werden aber nicht nur giftige Chemikalien in die menschliche Nahrungskette eingeführt, die Behandlung ist zudem zunehmend unnütz wegen steigender antimikrobieller Resistenz. Auch andere Ungleichgewichte bestehen zwischen den Verhandlungspartnern USA und Europa. Zum Beispiel gibt es in den Vereinigten Staaten so gut wie keine Kennzeichnung von Lebensmitteln in Bezug auf gentechnisch veränderte Organismen. Auch sind in den USA die „fortified foods“, angereicherten Nahrungsmittel, zwar weit verbreitet, aber wenig reguliert.
Für Slow Food Deutschland ist auch ein Problem, dass durch eine Freihandelsvereinbarung der Druck des Marktes auf kleine und mittlere Unternehmen noch verstärkt wird. Gerade diese Unternehmen aber leisten durch ihre tägliche Arbeitsweise Großes für die Gesellschaft, die lokale Wirtschaft und die Umwelt, und verdienen daher eine andere Behandlung als wurzellose Großkonzerne. Ähnlich steht es um die traditionellen regionalen Lebensmittel, von denen einige unter dem EU-Programm der geschützten Ursprungsbezeichnung und geografischen Angaben eine gewisse Anerkennung erhalten, dadurch aber ebenfalls nicht von den Verzerrungen und der Gleichmacherei der industriellen Massenproduktion unversehrt bleiben. Unter TTIP würde aber selbst diese Protektion unterspült werden.
„Das derzeitige Lebensmittelsystem mit seinen weitgespannten Erzeugungs- und Vertriebsketten ist jetzt schon für die Verbraucher intransparent. Das TTIP-Abkommen würde es noch weiter vernebeln,“ so Dr. Hudson weiter. „Statt TTIP brauchen wir eine besseres Miteinander von Erzeugung, Vertrieb, Handel und Verbrauchern. Wir brauchen Ko-Produzenten statt Konzernmacht. Daher unterstützen wir die zivilgesellschaftliche Bewegung gegen TTIP und CETA.“