Neuer Arche-Passagier: Verstärkung für das Rote Höhenvieh
Das Harzer Rotvieh wurde kürzlich in die Slow Food Arche des Geschmacks aufgenommen. Das internationale Projekt der Slow Food Stiftung für Biodiversität schützt weltweit über 3.500 Nutztiere, Nutzpflanzen und Lebensmittel vor dem Vergessen und Verschwinden.
Jeder Arche-Passagier ist besonders. Eine wesentliche Besonderheit des neuen Passagiers, der nun in die Arche des Geschmacks aufgenommen wurde, das Harzer Rotvieh, liegt darin, dass er einem bereits aufgenommenen Passagier Verstärkung bringt: Bereits vor einem Jahr, im Juli 2015, war das Rote Höhenvieh (RHV) als 55. Passagier in die Arche aufgenommen worden. Eine Besonderheit, denn erstmals hatten zwei Convivien – Slow Food Sauerland und Slow Food Regensburg-Oberpfalz – je einen Antrag für den gleichen Arche-Passagier gestellt – für den Gleichen, aber nicht für Denselben!
Nun unterstützt das Convivium Slow Food Harz mit dem Harzer Rotvieh Passagier Nr. 55 – quasi als weiterer Gleicher.
Aber vorab zu den speziellen Besonderheiten, das heißt den Unterschieden, die der Passagier Harzer Rotvieh im Vergleich zum Roten Höhenvieh anderer Mittelgebirge aufweist: Im Oberharz hatte sich eine enge, fast symbiotische Beziehung zwischen dem Harzer Schlag des Rotviehs und dem Bergbau entwickelt. Bergleute versorgten sich im Nebenerwerb mit Milch und Fleisch. Während im Unter- und Vorharz der Einsatz des Harzer Rotviehs als Zugtier in der Landwirtschaft üblich war, wurde es im Oberharz z.T. auch eingesetzt, um mit Schießpulver beladene Karren zu den Bergwerken zu ziehen.
Hingegen basiert die Gleichheit über die einheitliche rotbraune Färbung und die mittlere Größe hinaus auf drei Gemeinsamkeiten: Erstens war das Rote Höhenvieh im 18. und 19. Jahrhundert das typische Rind aller (deutscher) Mittelgebirge. Zweitens die grundsätzliche Bedeutung – als klassisches Dreinutzungsrind für Milch, Fleisch und Arbeit. Und drittens der Niedergang im 20. Jahrhunderts durch die Auswirkungen der Industrialisierung auf Ackerbau und Milchwirtschaft.
So wurde das Rote Höhenvieh zu einer gefährdeten Rasse. Und das hat eine weitere und besondere Gemeinsamkeit bedingt: Das in seinen Fähigkeiten und im Phänotyp ähnliche Rotvieh der in den verschiedenen Mittelgebirgen entstandenen regionalen „Schläge“ wurde 1985 in der „Bundesarbeitsgemeinschaft Rotes Höhenvieh“ züchterisch zusammengefasst. So sollte das Ausmaß der Inzucht begrenzt und der Rasse insgesamt ein Überleben ermöglicht werden.
Mit Erfolg, denn nun spricht vieles für eine Renaissance dieser genügsamen und robusten Rinderrasse, zum Beispiel in arbeitsextensiver Viehhaltung in der Nebenerwerbslandwirtschaft. Die Tiere zeichnen sich durch gute Konstitution aus, sind leicht kalbend, sehr mütterlich und gelten als ideale Partner in der Mutterkuh-Haltung. So bietet die Rasse Rotes Höhenvieh auch Einsatzmöglichkeiten in extensiver Haltung im Naturschutz. Ihr Fleisch ist feinfaserig, leicht marmoriert und schmackhaft.