PM Musmehl – ein regionales Kulturgut kulinarisch neu interpretiert

Das Musmehl gehört zu den ältesten Nahrungsmitteln der Schwäbischen Alb. Obwohl es ernährungsphysiologisch ideal zu den Ansprüchen der modernen Küche passt, ist es inzwischen nahezu in Vergessenheit geraten. Slow Food Deutschland hat das Mehl 2005 als Passagier in die „Arche des Geschmacks“ aufgenommen. Damit gehört es zu den 62 handwerklich hergestellten Lebensmitteln, Nutztierarten und Kulturpflanzen, für dessen Fortbestand sich der Verein aktiv engagiert. Am 8. August 2017 stand das Musmehl im Zentrum einer Verkostung im baden-württembergischen Münsingen und wurde in Gerichten neu interpretiert.

Musmehl – ein regionales Kulturgut kulinarisch neu interpretiert

Berlin, 10. August 2017. Das Musmehl, schwäbisch "Muasmähl", ist ein grießig gemahlenes Vollkornmehl mit nussigem Geschmack. Es wird traditionell aus den ganzen Körnern von Weizen und Dinkel hergestellt, welche im Ofen geröstet und anschließend gemahlen werden. Schon im Mittelalter wurde es insbesondere in Baden-Württemberg und im Allgäu als süß oder herzhaft gekochter Brei zubereitet. Der aus dem Mehl hergestellte sogenannte „Schwarze Brei“ schützte die Landbevölkerung über Jahrhunderte als Hauptnahrung vor dem Verhungern. Heute denken nur noch wenige an das regionaltypische Nahrungsmittel, obwohl so viel Gutes für das Musmehl spricht: Es ist ein günstiges, aromatisches und nahrhaftes Vollkornprodukt und kann in der modernen Küche vom Frühstück, über Hauptgerichte bis hin zum Nachtisch vielfältig eingesetzt werden. „Musmehl ist ernährungsphysiologisch fantastisch. Und wenn es nicht schon früher erfunden worden wäre, so hätten wir heute gute Gründe es zu tun,“ erklärt Prof. Roman Lenz, Landschaftsökologe und Mitglied im Slow Food Convivium Stuttgart während der Verkostung des Musmehls am 8. August in Münsingen. 

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens von Slow Food Deutschland e. V. hat der Verein gemeinsam mit seinem Stuttgarter Convivium zu diesem kulinarischen Abend ins albgut Altes Lager in Münsingen eingeladen. „Das Musmehl hat regionalen Kultstatus und variiert im Geschmack je nach Getreidezusammensetzung, Dörr- und Mahlgrad sowie Zubereitung,“ schwärmt Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. „Die Verbraucher müssen einfach wieder davon erfahren, es schmecken und dann bin ich sicher, werden sie es wieder nachfragen.“ Bei den Veranstaltungen im Jubiläumsjahr kommen Menschen bundesweit mit Erzeugern in Kontakt, die traditionelle Produkte ihrer Region handwerklich erzeugen und weiterverarbeiten. Somit auch die rund 40 Gäste während der Musmehl-Verkostung. Sie gingen mit allen Sinnen auf Entdeckungstour und wurden dabei mit zur Hälfte aus Musmehl gebackenem krossen Vollkornbrot und Musmehl-Polenta mit Fisch und Sommergemüse belohnt. Zum Nachtisch gab es Flammerie mit heimischen Früchten und das klassische Älblerfrühstück neu interpretiert: als Musmehl-Habermusbrei mit Leinsamen, Leinöl, Äpfeln und Waldbeeren. Roman Lenz wurde an diesem Abend vom Koch Jürgen Autenrieth und dem Winzer Helmut Dolde unterstützt.

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Über: Die Arche des Geschmacks - Essen, was man retten will!
Biologische Vielfalt garantiert das Gleichgewicht in der Natur. Sie sorgt für eine vielfältige Ernährung, für die kulturelle Vielfalt unserer Landschaften und kulinarischen Traditionen. In der Arche des Geschmacks sammelt und katalogisiert Slow Food seit 1996 fast vergessene traditionelle Lebensmittel, die wegen ihrer oft aufwändigen Herstellung in Gefahr sind, völlig zu verschwinden. Das Projekt will sie wieder bekannt und beliebt machen, nach dem Motto: Essen, was man retten will! Denn was nachgefragt wird, wird auch erzeugt und ermöglicht so die Vielfalt auf unseren Tellern. Mitte 2017 beherbergt die Arche des Geschmacks weltweit mehr als 4.200 Lebensmittelprodukte aus über 100 Ländern, in Deutschland über 60. Die große Mehrheit der Arche-Passagiere sind vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen und Kulturpflanzensorten, deren Anbau, Haltung oder Verarbeitung meistens viel Zeit braucht und damit für einen Umgang mit Lebensmitteln, der auf Geschwindigkeit baut, zu aufwändig und arbeitsintensiv ist. Die kleinere Gruppe sind handwerklich hergestellte Lebensmittel wie Wurst- und Käsespezialitäten, Backwaren, Getränke, Süßigkeiten und andere Spezialitäten, die nur noch von wenigen Herstellern erzeugt werden.

Slow Food ist eine weltweite Bewegung, die sich für ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem einsetzt. Der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, des traditionellen Lebensmittelhandwerks und der regionalen Arten- und Sortenvielfalt sind für Slow Food ebenso wichtig wie eine faire Entlohnung für zukunftsfähig arbeitende Erzeuger sowie die Wertschätzung und der Genuss von Lebensmitteln. Unter dem Motto „25 Jahre Slow Food Deutschland – Weil uns die Zukunft des Essens und unserer Lebensmittelerzeuger wichtig ist“ feiert Slow Food Deutschland 2017 das 25-jährige Vereinsjubiläum. Mehr als 25 Veranstaltungen bundesweit laden Verbraucher zum Mitmachen ein und rücken Erzeuger und Produkte in den Fokus, die schon heute im Zeichen ökologischer Nachhaltigkeit stehen. Die thematische Bandbreite
der Veranstaltungen reicht von regionaler Esskultur über Lebensmittelverschwendung bis hin zur Ganztierverarbeitung und guter Schulverpflegung.
Slow Food Deutschland e. V. wurde 1992 gegründet und zählt über 85 lokale Gruppen. Insgesamt ist Slow Food in über 170 Ländern mit diversen Projekten, Kampagnen und Veranstaltungen aktiv. Als Slow-Food-Mitglied ist man Teil einer großen, bunten, internationalen Gemeinschaft, die das Recht jedes Menschen auf gute, saubere und faire Lebensmittel vertritt. www.slowfood.de
V.i.S.d.P.: Dr. Ursula Hudson


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